Hintergrundinformationen
Was ist eine psychische Störung?
Jeder Dritte erkrankt im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung. Nur die Hälfte der Erkrankungen werden im Rahmen der hausärztlichen Versorgung erkannt. Oft stehen körperliche Beschwerden derart im Vordergrund, dass die psychische Störung schwer diagnostizierbar ist und zunächst übersehen wird.
Psychische Störungen können sich auf vielfältige Weise zeigen: Niedergeschlagenheit und gereizte Stimmung, Schlafstörungen, Unsicherheiten, Ängste, verringertes Selbstwertgefühl, Einsamkeitsgefühle, Sorgen und Grübeleien. Oft drücken sich seelische Probleme körperlich aus in Form von körperlichen Schmerzen Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Schwitzen, Herzbeschwerden (Herzrasen, Herzstolpern), Muskel,- Rücken-, Nackenschmerzen, Atembeschwerden (Engegefühl, Druckgefühl), Magen Darm Beschwerden (Übelkeit, Völlegefühl, Durchfall, Verstopfung, Reizmagen, – darm), Unterleibsbeschwerden (Zyklusstörungen, Schmerzen).
Die Ursachen für psychische Störungen können sehr vielfältig sein: Genetik, familiäre Vorbelastungen, permanenter Stress, Konflikte in Arbeit/Familie/Beziehung, finanzielle Sorgen, Arbeitslosigkeit, langwierige und lebensbedrohliche Erkrankungen, chronische Schmerzen, Übergriffe durch Dritte und vieles mehr.
Arten einer Störung
Weitere Symptome die möglich sind: Konzentrationsschwierigkeiten, Ratlosigkeit, Gefühl der Gefühllosigkeit, Störungen der Vitalgefühle (Lebendigkeit, Kraft, Frische), Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Ängstlichkeit, Gereiztheit, innere Unruhe, Selbstzweifel. Die Aktivität und der Antrieb sind oft reduziert, eine erhöhte Getriebenheit, Nervosität ist ebenso möglich. Es kann zu Schlafstörungen, Gedanken der Sinnlosigkeit bis hin zu Suizidgedanken, Selbstunsicherheit/- kritik, Pessimismus, Aussichtslosigkeit und Ängste (Katastrophisieren), Libidoverlust, Ermüdung, Appetit- und Gewichtsverlust- aber auch Appetit- und Gewichtszunahme, Kopfdruck, Magenbeschwerden, Verdauungsbeschwerden kommen. Auch die Motivation ist gemindert was zu Sozialem Rückzug, Misserfolgsorientierung, Vermeidung von Verantwortung, Interessenverlust, Entschlussunfähigkeit, Gefühl der Überforderung führen kann.
Angst- und Panikstörungen sowie spezifische Phobien stellen eine der häufigsten psychischen Störungen unserer Zeit dar. Oft wissen die Menschen gar nicht, dass sie an einer Angststörung leiden. Es dauert oft sehr lange bis Betroffene zum Arzt gehen und die richtige Diagnose gestellt wird. Etwa 15-20% der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Von dieser spricht man dann, wenn der Betroffene seine Ängste nicht mehr bewältigen kann und darunter leidet: Das Gefühl der Angst rückt dermaßen in den Vordergrund, dass das alltägliche Leben in vielen Bereichen stark eingeschränkt wird. Ein Teufelskreis der Angst macht sich breit, mit starken Angst- und Panikgefühlen, aversiven Gedanken (z.B. Befürchtung, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden, sich zu blamieren, zu sterben, geliebte Personen zu verlieren) und damit einhergehenden massiven körperlichen Reaktionen (Herzrasen, Atemnot, Zittern, Schwindel, Schwitzen etc.).
Die Folge auf Verhaltensebene ist häufig ein zunehmendes Vermeidungs-, Rückzugs- und Sicherheitsverhalten, welches den Alltag immer schwerer werden lässt, zu steigender Erwartungsangst („Angst vor der Angst“) führt und zu Gefühlen von Minderwertigkeit, Einsamkeit, Hilf- und Hoffnungslosigkeit führen kann. Die Folgen der Ängste können eine erhebliche Beeinträchtigung von Lebensqualität, Selbstvertrauen und sozialem Miteinander sein, oft sind Depressionen die Folge. Zusätzlich besteht die Gefahr von Selbstbehandlungsversuchen mit Alkohol, Drogen oder abhängig machenden Medikamenten. Die beschriebenen Angst-Reaktionen können sich auf bestimmte Situationen (z.B. Menschenmengen, offene Plätze: (Agoraphobie) oder Objekte (z.B. Blut, Höhe, Spinnen: spezifische Phobie) begrenzen. Sie können im Umgang mit anderen Menschen (soziale Phobie) ausgelöst werden, sich attackenartig ohne spezifische Auslöser manifestieren (Panikstörung) oder sich andauernd in Form von anhaltender Besorgnis und Anspannung präsentieren (generalisierte Angststörung).
Die Ursachen hierfür können in der Person, aber auch in den Arbeitsbedingungen liegen. Meist ist es eine Mischung aus beidem. Burnout erleiden Personen, die bei der Arbeit besonders hohe Ansprüche an sich stellen, die zum Perfektionismus neigen und sich übermäßig engagieren. Oft haben solche Menschen die Fähigkeit verloren, nach Arbeitsschluss innerlich Abstand zu gewinnen. Sie haben meist ein unterentwickeltes Privatleben und büßen daher ihre Erholungsfähigkeit ein. Aber auch auf Seiten des Arbeitgebers gibt es Burnout- Ursachen: hoher Leistungsdruck, Eintönigkeit der Arbeit bzw. fehlende Anforderungsvielfalt, ein Übermaß an Vorschriften, die den Gestaltungsspielraum des Arbeitnehmers einengen, sowie fehlende Unterstützung und Anerkennung vom Vorgesetzten oder von Kollegen.
Ein psychisches Trauma kann dann entstehen, wenn eine Person von einem katastrophalen Geschehen heimgesucht wird, das durch seine überwältigende Intensität, Plötzlichkeit und Bedrohlichkeit die Möglichkeiten der betroffenen Person überfordert, sich gegen dieses Ereignis zu wehren oder ihm zu entkommen. Das Opfer erlebt sich hilflos ausgeliefert und hat keine wirksame Strategien zum Selbstschutz. Dabei muss man selbst nicht „Opfer“ gewesen sein. Es reicht aus dass man Zeuge eines Unfalls wurde, bei dem man selbst oder die anderen Todesgefahr ausgesetzt bzw. Todesangst erlebte, dass man mit Gewalt bedroht oder gar verletzt wurde: solche und ähnliche Ereignisse –ob in der Kindheit oder erst kürzlich- versetzen Menschen in extremen Stress und übersteigen unsere Bewältigungsmöglichkeiten. Alle psychischen Traumatisierungen verursachen bei Betroffenen mehr oder weniger andauernde psychische bzw. psychosomatische Störungen, die in Art und Ausprägung unterschiedlich sein können. Aber nicht alle Traumatisierungen müssen zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen, so liegen die Auftretenshäufigkeit einer PTBS nach einem Trauma zwischen 2% und 60%. Diese breite Streuung hängt zum einen von der Art der Traumatisierung ab, zum anderen davon, ob, wie und wann Hilfe von anderen geleistet werden konnte: Es gibt zwei Gruppen von Traumata: Trauma Typ-1: Es handelt sich um ein kurzes, akutes begrenztes traumatisches Ereignis, bei dem spätestens nach dem Geschehen selbst sozialer Beistand, Schutz und Hilfe durch andere gegeben ist. Die Betroffenen können in der Regel mit nahestehenden Personen oder Helfern über das Ereignis sprechen, beispielsweise nach Unfällen, Naturkatastrophen oder kriminellen Überfällen. Trauma Typ-2: Menschen sind wiederholten, länger andauernden und schwere Bedrohungen und/oder Gewalt durch andere Menschen ausgesetzt, wie z.B. bei längeren Geiselnahmen, Kriegshandlungen und Verfolgungen, aber auch im Rahmen sogenannter familiärer Gewalt und hier wiederum in Form von emotionalen, physischen und sexuellen Missbrauchshandlungen während der Kindheit. Menschen, die Traumata vom Typ 2 ausgesetzt sind haben für die Betroffenen/Opfer besonders schwerwiegende Folgen, da frühe Gewalt- und sexuelle Missbrauchserfahrungen sowie emotionale Vernachlässigungen schwere Schäden in der nachfolgenden Persönlichkeitsentwicklung haben. Da diese Traumata tabuisiert und schambesetzt sind, werden sie oft jahrelang verschwiegen. Eine posttraumatische Belastungsstörung ist gekennzeichnet durch folgende Symptome:
- sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen (Intrusionen d.h. Bilder, Alpträume, Flashbacks) an das Trauma oder Erinnerungslücken (partielle Amnesie)
- Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Affektintoleranz, Konzentrationsstörungen)
- Vermeidungsverhalten (Vermeidung traumaassoziierter Stimuli)
- emotionale Taubheit (allgemeiner Rückzug, Interessenverlust, innere Teilnahmslosigkeit
Im Gegensatz dazu verursacht eine Zwangserkrankung viel Leid und eine enorme Belastung für den Betroffenen, aber teilweise auch für das ihn umgebende Umfeld (Familie, Arbeitskollegen, Partner), die oft mit in die Zwangsstörung mit „eingebunden“ werden. Wer aus Angst vor Krankheiten mehrere Stunden am Tag mit Händewaschen verbringt, wer wie unter einem Kontrollzwang leidet, bei dem er immer und immer wieder überprüfen muss ob alle Elektrogeräte in der Wohnung wirklich ausgestellt sind, oder wen belastende Gedanken einfach nicht mehr loslassen, der leidet möglicherweise unter einer Zwangserkrankung. Neueren Forschungen zu Folge wird heute davon ausgegangen, dass über 2% der Bevölkerung unter einer Zwangsstörung leidet und dass dies völlig unabhängig von Geschlecht, Intelligenz oder sozialer Schicht ist. Viele Betroffene schämen sich für ihre Krankheit und verheimlichen sie über Jahre, bevor sie professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.
Man unterscheidet bei Zwangsstörungen unter Zwangsgedanken (wiederkehrende Befürchtungen,-impulse oder –bilder), welche quälenden Charakter haben und Zwangshandlungen,- rituale (Kontroll-, Wasch-,Putz-, Zählzwänge). Sie können entweder einzeln (reine Zwangsgedanken, reine Zwangshandlungen) auftreten, oder so wie meistens- in der Kombination. Hier können die Betroffenen erkennen, dass beunruhigende Zwangsgedanken den Zwangshandlungen vorausgehen die vom Betroffenen meist als primär unsinnig empfunden werden.
Bei Zwangsgedanken handelt sich um immer wieder auftretende, aufdrängende Gedanken, Vorstellungen, Ideen, Bilder oder Impulse, die aufgrund ihres Inhaltes starke Angst oder Schuldgefühle auslösen und zeitgleich bei den Betroffenen zu einer sehr hohen körperlichen Anspannung führen, die als sehr belastend empfunden werden. Meist handelt es sich um Gedanken mit aggressiven, sexuellen oder religiösen Inhalten, die den eigentlichen Einstellungen und Werten der Betroffenen widersprechen. Darüber hinaus können auch immer wiederkehrende Zwangsbefürchtungen auftreten, z.B. dass Angehörigen oder sonstigen geliebten Menschen etwas zustoßen könnte, Angst vor Infektionen oder Angst, etwas vergessen zu haben (z.B. Abstellen elektrischer Geräte oder des Wasserhahns, Abschließen von Fenster und Türen) oder etwas nicht ordnungsgemäß getan zu haben (z.B. Fehler bei der Arbeit). Aufgrund der sich ständig aufdrängenden Gedanken bzw. Befürchtungen können sich die Betroffenen kaum mehr konzentrieren und fühlen sich häufig energielos und abgeschlagen. Viele Menschen mit Zwangsgedanken ziehen sich im sozialen Kontext vermehrt zurück, aus Angst, dass sich ihre Zwangsgedanken bewahrheiten könnten.
Bei Zwangshandlungen oder –ritualen (Kontroll-, Wasch-, Zähl-, Putz- Ordnungszwang) handelt es sich um vielfach wiederholt auftretende Verhaltensweisen, für die der Erkrankte oft viel Zeit investiert nach einem vorher von ihm teilweise über Jahre hinweg festgelegten, aber nur schwer „richtig“ zu machenden Schema. Mitunter erscheint das Ausmaß der Zwangshandlungen den Betroffenen selbst übertrieben, sinnlos und unangemessen was zu Folgeproblemen wie rissige Haut, häufiges Zuspätkommen bis hin zur körperlichen Erschöpfung (stundenlanges Putzen, Ordnen) führt. Dennoch können die Betroffenen selbst ihre Handlungen nicht unterlassen und reduzieren, geschweige denn einstellen. Ziel der Zwangshandlungen sind häufig Versuche, Gefahr oder Unheil von anderen oder sich selbst abzuwenden, ggf. zu „neutralisieren“. Die Zwangshandlungen dienen in der Wahrnehmung der Betroffenen dazu, die oftmals empfundene unerträgliche innere Anspannung zu reduzieren.
Von Skin Picking betroffene Patienten bearbeiten Pickel, Härchen oder Krusten, aber auch gesunde Haut mit Fingern, Pinzetten, Nadeln oder anderen spitzen Gegenständen, dass Wunden und Narben entstehen können. Dabei folgen Betroffene einem Impuls, dem sie kaum Widerstand entgegensetzen können. Diese Handlung führt zu einem Leidensdruck und Beeinträchtigungen in alltäglichen Lebensbereichen. Die Gründe für diese Handlungen sind unterschiedlich, den Betroffenen meist aber nicht bewusst. Die Zeit, die pro Tag für das Bearbeiten der Haut aufgewendet wird, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und auch nicht jeden Tag gleich. Angaben reichen von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden für eine Skin-Picking-Episode. Die meisten Betroffenen berichten von mehreren Episoden pro Tag. Das können im Extremfall bis zu 150 Episoden am Tag sein. Häufig können die betroffenen Stellen nicht verheilen, sodass es zu Entzündungen, immer stärkeren Verletzungen und letztendlich zur Narbenbildung kommt. Dermatillomanie-Patienten leiden aufgrund der Narben, Wunden oder roten Stellen oftmals unter großen Scham- und Schuldgefühlen und versuchen, die betroffenen Stellen zu verbergen oder sie vermeiden den Kontakt zu anderen. Dies kann bis zur sozialen Isolation und somit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität führen.
Pathologisches Kaufen kann vorliegen, wenn der Betroffene permanent und über längere Zeit zwanghaft überflüssige Dinge kauft. Das Kaufen löst dabei ein unmittelbares Hochgefühl aus, das von Schuldgefühlen gefolgt ist. Trotz negativer Folgen (u.a. Verschuldung) werden die Impulse als unkontrollierbar erlebt. Ähnlich ist es beim pathologischen Stehlen. Betroffene können wiederholt Stehlimpulsen nicht widerstehen, ohne dass die gestohlenen Dinge der persönlichen Bereicherung dienen. Stattdessen werden die Gegenstände weggeworfen oder gehortet. Bei Hypochondrie leiden die Betroffenen unter ausgeprägten Ängsten, eine ernsthafte Erkrankung zu haben, ohne dass sich dafür ein angemessener, objektiver Befund finden lässt. Die Betroffenen achten dabei vermehrt auf Veränderungen von Körperfunktionen und interpretieren auch geringfügige Körpersignale als möglichen Ausdruck schwerster Erkrankungen , die zu häufigen Arztbesuchen führen, wobei hier die objektivierbare Feststellung des Arztes dass keine Krankheit vorliegt, den Patienten nicht beruhigen kann.
Die an Dysmorphophobie Betroffenen nehmen ihren Körper oder einzelne Körperteile (häufig Gesicht, Kopf, als zu groß empfundenen Nase oder Ohren oder asymmetrischen Gesichtszügen; etwas seltener Füße oder Geschlechtsteile) als hässlich oder entstellt wahr. Sie folgen dabei einer anderen Wahrnehmung ihres Aussehens als ihre Umwelt es tut. Im engeren Sinne handelt es sich um eine Körperschemastörung. Viele der Betroffenen haben keine oder eine geringe Krankheitseinsicht, d. h. sie sind fest davon überzeugt, enorm unattraktiv zu sein. Die Betroffenen leiden wegen dieser Einschätzung ihres Aussehens oft unter zwanghaften Gedanken, die bis zu mehrere Stunden am Tag andauern können. Weiterhin zeigen sie oftmals sogenannte ritualisierte Verhaltensweisen: Überprüfen des Erscheinungsbildes in Spiegeln oder anderen reflektierenden Oberflächen, Vergleichen des eigenen Aussehens mit dem von anderen Personen, Auftragen von Makeup oder anderen Kosmetikartikeln bis hin zu unzähligen Schönheitsoperationen. Oder sie verhüllen die entstellte Körperstelle mit Kleidung (Hut, Mütze, weite Hosen etc.).
Bei den Ticstörungen unterscheidet man in einfache motorische Tics (z. B. Stirnrunzeln, Augenblinzeln, ruckartiges Kopfbewegen, Hochziehen der Augenbrauen, Schulterzucken, Grimassieren) oder einfache vokale Tics (Räuspern, mit der Zunge schnalzen, Hüsteln, Schmatzen, Grunzen, Schniefen). Bei kombinierten sowohl komplexen vokale Tics (wie das Herausschleudern von zusammenhangslosen Wörtern und kurzen Sätzen, Koprolalie: das Ausstoßen obszöner Worte; Echolalie: Wiederholung von gehörten Lauten und Wortfetzen; Palilalie: Wiederholung von gerade selbst gesprochenen Worten) als auch komplexen motorische Tics (z.B. Springen, Berühren anderer Leute oder Gegenstände, Körperverdrehungen; Kopropraxie: Ausführung obszöner Gesten) spricht man in der Regel von Tourette-Syndrom., Vokale Tics unterscheiden sich von motorischen Tics dadurch, dass dabei Muskelgruppen beteiligt sind, die zur Vokalisation beitrage (z.B. Zwerchfell, Zunge, Rachenmuskeln). Während einfache motorische und vokale Tics meistens schnell ablaufen und unbeabsichtigt wirken, können komplexe Tics durch ihren teils langsameren, strukturierteren Ablauf oft willkürlich erscheinen. Man kann zwar einen Tic über einen kurzen Zeitraum hinweg unterdrücken, ihn sich aber nicht abgewöhnen. Der Tic-Patient kann sowohl den Zeitpunkt des Auftretens als auch den des Verschwindens eines Tics nicht kontrollieren.
Den Zwangsstörungsspektrum-Betroffenen fällt es häufig sehr schwer Gründe oder Auslöser für ihr Verhalten zu benennen oder es zu unterlassen. Die Unfähigkeit die Ursachen in Worte zu fassen wird als eine Form der Gefühlsblindheit (Fachbegriff: Alexithymie) bezeichnet. Auch hier führen die wiederholten Zwangshandlungen zunächst oft zu Streitigkeiten im Umfeld der Patienten und im weiteren Verlauf zu einer zunehmenden Isolation und Verkleinerung des Lebensradius, im letzteren Falle aufgrund fehlendem Verständnis zur sozialen Ausgrenzung.
Für Schlafstörungen kann es eine ganze Reihe von körperlichen und psychischen Ursachen geben. Viele Menschen leiden insbesondere bei erhöhter Stressbelastung (siehe auch Burn-Out, Depression) oder in persönlichen Krisen darunter, aber auch bei körperlichen (z.B. hormonellen) Veränderungen.
Schlafstörungen können aber ebenso gut unabhängig von äußeren Faktoren auftreten und dennoch schwere körperliche und psychische Beeinträchtigungen nach sich ziehen wie Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, depressive Verstimmtheit. Auch das Immunsystem und der Appetit sind eng mit ausgewogenem Schlaf verknüpft und werden durch Schlafstörungen in Mitleidenschaft gezogen. Daher sind Schlafstörungen ein ernst zu nehmendes Problem, zu dessen Bewältigung eine Psychotherapie (neben der notwendigen medizinischen Abklärung) wirksam beitragen kann.
Bei den Betroffenen zeigt sich dann oft Resignation und Hoffnungslosigkeit einerseits und/oder es kommt zu weiteren Versuchen, den Schmerzen durch medizinische Behandlungen Herr zu werden. Der Schmerz bestimmt im Laufe der Zeit zunehmend das Leben der Betroffenen. Nicht mehr der Patient entscheidet über sein Leben, sondern der Schmerz diktiert die Entscheidungen. Es entstehen so häufig berufliche Probleme, es kommt nicht selten zu innerfamiliären oder Partnerkonflikten. Meistens ist auch ein umfassender Rückzug von allen Freizeitaktivitäten zu verzeichnen. Nicht selten kommt es im Zuge einer solchen Entwicklung auch zu lang anhaltenden depressiven Verstimmungen. Eine Behandlung, die ausschließlich nur einen Aspekt der Schmerzerkrankung – üblicherweise den rein organischen – berücksichtigt, kann also nicht zu einer andauernden Beschwerdeverbesserung führen. Nach den neuesten Erkenntnissen ist eine multimodale Schmerztherapie mit einem interdisziplinären Ansatz ein zu fordernder Standard.
Dennoch fühlen sich die Menschen mit chronischen Erkrankungen oft in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Schmerz- und Beschwerdefreiheit sind sehr wichtige, aber nicht die einzigen Faktoren, die für die eigene Lebensqualität entscheidend sind. Denn neben der Qualität des körperlichen Befindens spielen auch psychische und soziale Bedingungen eine wesentliche Rolle.
Wie ein Mensch die Qualität seines Lebens einschätzt, kann er nur selbst, unter Berücksichtigung seiner jeweiligen Lebensumstände, für sich bestimmen.
Für viele chronisch kranke Patienten bedeutet Lebensqualität vor allem, mit der Erkrankung am Leben teilzunehmen. Ob dies gelingt, hängt einerseits davon ab, inwieweit die Art und das Ausmaß der Beschwerden und Einschränkungen im Alltag belasten. Genauso wichtig ist andererseits jedoch auch die innere Einstellung zu den krankheitsbedingten Erschwernissen und den Behandlungsmaßnahmen.
Eine chronische Erkrankung zu haben, bedeutet in der Regel nicht, nur krank zu sein. Das Augenmerk sollte daher auch nicht nur auf die Krankheit und deren Einschränkungen gerichtet sein, sondern auf die verbleibenden Möglichkeiten, die den Betroffenen bei allen Begrenzungen Lebensfreude ermöglichen. Doch natürlich gibt es Beeinträchtigungen. Diese können sich zeigen im Bereich der Partnerschaft und Sexualität, dabei, wie Freundschaften gelebt werden, in der Freizeitgestaltung, bei bisher ausgeübten Sportarten, u.s.w.. Aber auch das Einordnen der Erkrankung in das persönliche Schicksal, das Ertragen der begrenzten Möglichkeiten ohne verbittert zu werden, können psychische Auswirkungen haben die von den betroffenen chronisch Erkrankten als Beeinträchtigung erlebt werden.
Oft ziehen sich die betroffenen Personen dann zurück, da sie keine Möglichkeiten erkennen, wie sie mit diesen Beschränkungen zurechtkommen können.
Manche Menschen machen jedoch die Erfahrung, dass die Beschwerden über Monate oder sogar Jahre anhalten und trotz mehrfacher ärztlicher Untersuchungen keine organische Ursache gefunden werden kann, zumindest keine ausreichenden, die die Stärke der Beschwerden erklären könnte. Verständlicherweise belastet diese Unsicherheit über die Erklärung für die Beschwerden die Betroffenen stark, bei manchen wächst die Angst doch eine noch unerkannte Krankheit zu haben. Andere ziehen sich von Menschen in ihrem Umfeld und Aktivitäten zurück und beginnen sich vermehrt zu schonen in der Hoffnung, die Beschwerden damit zu lindern. Die Aufmerksamkeit richtet sich immer stärker auf die Beschwerden, Sorgen um die Gesundheit und wiederholte Arztbesuche gehören zum Alltag. Für die meisten Betroffenen bedeutet dies eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität.
- Zeigen Sie bereits seit vielen Jahren persönliche „Eigenarten“, die immer wieder zu Konflikten und Kommunikationsproblemen mit Arbeitskollegen, mit dem Partner oder anderen Familienmitgliedern führen?
- Leiden Sie oder ihre Umwelt (Arbeitskollegen, Partner, Familie) unter diesen Konflikten, und haben es trotz großer Anstrengung, vielleicht sogar trotz therapeutischer Bemühungen bisher nicht geschafft, diese Konflikte zu lösen?
- Haben Sie selbst aufgrund dieser „unlösbaren“ Konflikte oder auch ihr Umfeld (Arbeitskollegen, Partner, Familie) psychische Beschwerden entwickelt?
- Fragt Sie sich öfters, warum ausgerechnet sie sich mit bestimmten Situationen, Menschen oder Aufgaben besonders schwer tun, ihre Mitmenschen dagegen nicht?
- Hatten Sie schon oft das Gefühl irgendwie „anders zu sein“ als ihre Mitmenschen ?
Adresse
Dipl.-Psych.Barbara Becker
Psych. Psychotherapeutin – Verhaltenstherapie
Wellenburg 11 (1. Stock)
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